In Argentinien-Besuch bei der Kinderärztin Laura

Was verbinden wir mit Argentinien? Tango und Rindfleisch! In unserer romantischen Vorstellung hat dieses unendlich weite Land riesige Herden zufriedener Rinder, die von den Gauchos eingefangen werden und irgendwie glücklich auf unserem Teller landen. Abends wird dann zur Entspannung und voller Wehmut ein Tango getanzt.

Dieses Bild vom heilen Argentinien gibt es noch vereinzelt, aber auch hier hat Massentierhaltung Einzug gehalten und Tango gibt es für die Touris auf der Straße. Das größte Problem für die arme Bevölkerung ist jedoch die Mischung aus der alten Tradition und den neuen Gegebenheiten. Um mit knappem Geldbeutel die Fleischtradition zu bewahren, wird Fett mit Fleischanteil gekauft, dazu Weißbrot bis zum Sattwerden und die berühmten Erfrischungsgetränke, wie Cola und Co (die oft billiger als Wasser sind). Die arme Bevölkerung Argentiniens leidet nicht an Hunger, sondern an Fehlernährung. Bereits Kinder haben Übergewicht, bei den jungen Erwachsenen ist der Anteil erheblich. Die Konsequenzen: Bluthochdruck, Diabetes und zu hohe Blutfettwerte. Bei den Kindern: Auf Grund der zuckerhaltigen Getränke, gepaart mit fehlender oder bestenfalls mangelnder Mundhygiene, Karies und verfaulte Zähne bereits im Milchgebiss.

Die Zahnärztin von unserem Gesundheitszentrum Nr. 16 Villa Zagala lud mich ein, eine ihrer Sprechstunden zu besuchen. Ein Junge, etwa 6 Jahre alt, hatte 4 Zähne mit Karies. Ein Mädchen kam mit ihren 15 Jahren zum ersten Mal zum Zahnarzt, da sie Zahnschmerzen plagten. Sie nahm täglich zur Nacht 1 Tablette Ibuprofen gegen die Schmerzen. Dass das genügte, grenzt für mich an ein Wunder. Elf Zähne mit Karies, einer davon so stark entzündet, dass die Zahnärztin vor jegliche Behandlung die Antibiose setzte. Ein weiteres Mädchen, ca. 13 Jahre, berichtete ganz stolz, dass sie keine Limonade und Säfte mehr trinkt und jetzt die Zähne putzt. Resultat: nur noch 6 Mal Karies.

Hochausgebildete Ärzte stehen vor derartigen Trümmerhaufen.

Apotheker ohne Grenzen unterstützt zusammen mit der Zahnärztin unter anderem mit Spendengelden der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte in Kindergärten mit ca. 400 Kindern die korrekte Durchführung der Zahnhygiene, verteilt kostenlos Zahnbürsten an die Kleinsten (wer besonders gut geputzt hat, bekommt eine Zahnbürste aus Deutschland!) und informiert bereits Schwangere über dieses Thema. Doch auch hier bedarf es Engelsgeduld und Durchhaltevermögen. Die knappe Personaldichte, Kinder, die des Spanischen nicht mächtig sind, alltägliche Probleme der Kinder und ihrer Familien lassen dann schon einmal erfahren, dass es doch wichtigeres gibt als Zähneputzen. Doch ohne Zähne keinen Job und ohne Job kein Entkommen aus dem Armenviertel.

Vielen Dank an die Zahnärztin Laura und die Kinder, die mit einem freundlichen Lächeln für mich und meine Kamera ihre Münder geöffnet haben.

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