Vitamin B12-Spiegel unter Metformin-Therapie regelmäßig kontrollieren

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Nach Ansicht der „American Diabetes Association“ (ADA) ist Metformin das Mittel der Wahl für Patienten mit Typ-2-Diabetes, deren Blutzucker allein mit lebensstilmodifizierenden Maßnahmen nicht ausreichend zu kontrollieren ist. Das bestätigt die Gesellschaft in ihren aktualisierten Empfehlungen zur Diabetestherapie. In der aktuellen Fassung heben die amerikanischen Wissenschaftler allerdings jetzt auch die Bedeutung einer regelmäßigen Kontrolle des Vitamin B12-Spiegels unter Metformin hervor. Damit berücksichtigen sie wissenschaftliche Hinweise, dass das Arzneimittel langfristig eine Vitamin B12-Mangelsituation hervorrufen kann.

Vitamin B12-Spiegel unter Metformin-Therapie regelmäßig kontrollieren

In vielen Aspekten ähneln die Empfehlungen der Amerikanischen Diabetes-Gesellschaft denen der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Abweichend ist ihre Einschätzung u. a. in Bezug auf die Vitamin B12-Problematik bei Metformin-Gaben. Die Amerikaner vertreten, anders als ihre deutschen Kollegen, die Auffassung, dass der Vitamin B12-Spiegel unter der Metformin-Therapie in regelmäßigen Abständen zu untersuchen sei, vor allem bei Patienten mit Anämie oder peripherer Neuropathie.

Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass gerade bei Diabetes-Patienten eine langfristige Einnahme des oralen Antidiabetikums einen Vitamin B12-Mangel auslösen kann. Vermutet wird, dass Metformin die Resorption des an den Intrinsic Factor gebundenen Vitamins im Darm hemmt, indem es die Konzentration von Kalziumionen im Darm verringert.

Erhöhtes Risiko eines Vitamin B12-Mangels

Eine im Jahr 2010 im British Medical Journal publizierte randomisierte, placebokontrollierte Multicenterstudie (2) zeigte, dass die Vitamin B12-Serum-Konzentrationen bei zusätzlich mit Insulin behandelten Typ-2-Diabetikern nach Therapie mit Metformin im Verlauf von 4,3 Jahren im Vergleich zu Placebo um durchschnittlich 19 % sanken, Folsäure um 5 % und Homozystein um 5 % zunahm. Die Autoren empfahlen deshalb regelmäßige Laborkontrollen unter der Langzeiteinnahme des oralen Antidiabetikums. Allerdings traten bei keinem der Patienten im Verlauf der Studie Krankheitszeichen, eine Makrozytose oder eine durch Vitamin B12-Mangel bedingte neurologische Erkrankung auf.

Eine niederländische Querschnittsstudie aus dem Jahr 2013 (3) belegte ebenfalls ein mehr als dreifach erhöhtes Auftreten eines Vitamin B12-Mangels bei Diabetes-Patienten nach Metformin-Therapie. Die niederländischen Wissenschaftler konnten jedoch ebenfalls kein gleichzeitig erhöhtes Auftreten einer Anämie oder Neuropathie feststellen.

ADA-Empfehlungen beherzigen

Trotzdem spricht einiges dafür, die Empfehlungen der ADA zu berücksichtigen. Grundsätzlich bleibt in der Praxis ein Vitamin B12-Mangel nicht selten wegen der unspezifischen Anzeichen (u. a. Leistungsmangel, anhaltende körperliche Schwäche, unklare Gewichtsabnahme, depressive Verstimmungen oder Konzentrationsstörungen) unerkannt. Außerdem zeigen sich die Vitamin B12-abhängigen Krankheitssymptome oft erst nach Jahren. Ein unbehandelter zu niedriger Vitamin B12-Spiegel kann jedoch prinzipiell schwerwiegende hämatologische oder neuropsychiatrische Störungen nach sich ziehen. Außerdem besteht die Gefahr, neuropathische Beschwerden als diabetische Neuropathie fehlzuinterpretieren, wenn der Vitamin B12-Spiegel nicht im Auge behalten wird. Die neuropathologischen Symptome des Diabetes können sich nämlich mit einer durch Vitamin B12-Mangel hervorgerufenen Neuropathie überlappen.

Den Vitamin B12-Status kontrollieren

Die Bestimmung des Vitamin B12-Status im Serum sollte nicht das einzige Kriterium für die Diagnose eines Vitamin B12-Mangels sein. Sinnvollerweise werden auch das Holo-Transcobalamin und die Methylmalonsäure (Morgenurin) bestimmt, da erniedrigte Holo-Transcobalamin-Werte und erhöhte Methylmalonsäure- und Homocystein-Werte frühzeitig auf eine metabolisch manifeste Mangelsituation hinweisen. Bei einem Mangel sollte umgehend Vitamin B12 supplementiert werden, um ein Fortschreiten und damit einer potenziellen Entstehung von Folgeerkrankungen vorzubeugen. Oft ist auch die kombinierte Supplementierung von Vitamin B12 und Folsäure indiziert, aufgrund einer möglichen Mangelsituation sowie der physiologischen Abhängigkeit beider Substanzen voneinander.

Literatur
1.Chamberlain JJ et al.: Pharmacologic Therapy for Type 2 Diabetes: Synopsis of the 2017 American Diabetes Association Standards of Medical Care in Diabetes. Ann Intern Med 2017;166(8):572-8. http://annals.org/aim/article/2609290/pharmacologic-therapy-type-2-diabetes-synopsis-2017-american-diabetes-association
2.de Jager J et al.: Long term treatment with metformin in patients with type 2 diabetes and risk of vitamin B-12 deficiency: randomised placebo controlled trial. BMJ 2010340:c2181. doi: 10.1136/bmj.c2181.
3.de Groot-Kamphuis DM et al.: Vitamin B12 deficiency and the lack of its consequences in type 2 diabetes patients using metformin. Neth J Med 2013;71(7):386-90.

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